Zuletzt geändert am 23. März 2021 von Christina Brandstätter
Nahezu alle Lebewesen folgen bestimmten biologischen Rhythmen und Zyklen. Nicht nur der Mensch, sondern auch die Tierwelt (Fellwechsel, Wanderungen der Zugvögel) und die Natur (Wechsel der Gezeiten, Mondphasen) leben in bestimmten Rhythmen. Werden diese biologischen Rhythmen durch die Zeitumstellung beeinflusst?
Bereits Ende des 18. / Anfang des 19. Jahrhunderts wurden tageszeitabhängige Veränderungen der Körpertemperatur und der Herzfrequenz beschrieben. Der Mediziner Julien-Joseph Virey prägte 1814 den Begriff „innere Uhr“. Der biologische Rhythmus ist demnach eine Art inneres Uhrwerk. Dieses innere Uhrwerk wiederum beeinflusst und erzeugt unsere biologischen Rhythmen (z.B. Schlaf-Wach-Rhythmus, Temperatur, Jahresrhythmus) und Abläufe. Doch was hat diese innere Uhr mit der Zeitumstellung zu tun?
Mutter Natur hat diese innere Uhr ab dem Tag unserer Geburt so eingerichtet, dass unser biologischer Rhythmus einem ausgeklügelten Tages- und Nachtplan folgt. Deine individuelle biologische innere Uhr. Hörst du auf diese innere Uhr, geht’s dir gut, du fühlst dich wohl, bist fit und gesund. Arbeitest du – ob bewusst oder unbewusst – dagegen, kann’s schon mal unbequem werden. Doch kann der Mensch seinen biologischen Rhythmus tatsächlich seinem ganz individuellen Lebenswandel anpassen? Die Zeiger vor und zurückdrehen, wie es ihm passt? Oder sollten wir uns lieber nach unserer inneren Uhr richten? Im Einklang mit ihr leben? Und was macht unsere alljährliche Zeitumstellung mit uns? Und was hat’s mit Eulen und Lärchen auf sich?
Inhaltsverzeichnis
Die innere Uhr
Deine innere Uhr ist tief verankert in den 24 Stunden-Lauf der Sonne, dem Wechsel zwischen Tag und Nacht sowie Hell und Dunkel. All deine biologischen Funktionen – und davon gibt es viele (z.B. Herzfrequenz, Körpertemperatur, Blutdruck, Hormonausschüttung, Aktivität unseres Immunsystems) – sind so programmiert, dass sie einem bestimmen Rhythmus folgen, der sich täglich wiederholt. All diese biologischen Rhythmen unterliegen völlig normalen Schwankungen, d.h. es gibt jeweils bestimmte Hoch- und Tiefphasen der einzelnen Organe und Zyklen. Was die westliche Medizin die „innere Uhr“ nennt, ist in der TCM die „Organuhr„. Unerklärliche Beschwerden, die immer zur gleichen Uhrzeit auftreten, könnten z.B. darauf hinweisen, dass es in einem bestimmten Organ zu einer Störung gekommen ist.
Biologischen Rhythmen
Die einzelnen biologischen Rhythmen lassen sich periodisch voneinander unterscheiden
Ultraradianer Rhythmus
Diese biologischen Rhythmen haben eine wesentlich kürzere Periodendauer als 24 Stunden. Dazu zählt z.B. der Aufwachrhythmus.
Cirkadianer Rhythmus
Hat eine Periodenzeit von ca. 24 Stunden. Beispiel: Schlaf-Wach-Rhythmus, Nahrungsaufnahme und Trinkrhythmus, Temperaturrhythmus, praktisch all unsere Organe.
Ist weitgehend unabhängig von äußeren Faktoren und unterstützt uns dabei Dinge wie Schlafen oder Nahrungsaufnahme in einem konstant bleibenden Rhythmus durchzuführen.
Infraradianer Rhythmus
Diese Art von Rhythmus bezieht sich auf Monats- oder Jahresrhythmus.
Sommerzeit – Winterzeit – gar keine Zeit – Jetlag?
Schon kleinste – nicht natürliche – Schwankungen im biologischen Rhythmus können Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Dein Körper kann nur wenige Tage, aber auch bis zu zwei Wochen brauchen, um sich an neue Gegebenheiten anzupassen. Die benötigte Zeit ist dabei – wie bei allem – individuell.
Besonders die Sonne bzw. der Wechsel von Hell und Dunkel hat großen Einfluss auf unsere innere Uhr. Warum? Weil Hormone hier eine zentrale Rolle spielen. Hä? Irgendwie passt diese Antwort nicht ganz zu der Frage, oder? Wenn man aber weiß, dass bei Dunkelheit vermehrt das „Schlafhormon“ Melatonin ausgeschüttet wird und Melatonin unsere Aktivität im Allgemeinen senkt, uns bremst und uns müde macht, dann schon. Vielflieger nutzen diese Erkenntnis in Form von einer Schlafbrille, um den möglichen Jetlag zu vermeiden. Denn auch wenn du es nicht wahrhaben willst (oder nicht bewusst wahrnimmst), dein Körper leidet jämmerlich unter einer Zeitverschiebung, vor allem bei Fernreisen in Ost-West-Richtung oder umgekehrt. Da ist dein eigener Tages-Nacht-Rhythmus plötzlich ein total anderer als der in der neuen Umgebung. Du fühlst dich matt und angespannt, weil deine innere Uhr nicht mit der äußeren übereinstimmt. Der Schlafrhythmus und die Verdauung sind gestört, sollten aber nach ein paar Tagen (oder etwas länger – individuell) wieder in Ordnung sein. Oder deine Schafbrille hat Gröberes verhindert. Mini-Jetlags sind also gelegentlich ok.
Für die Leistungsfähigkeit ist ein geregelter Tages-Nacht-Rhythmus ausschlaggebend. Das haben Forscher herausgefunden, indem sie den Lichteinfall manipuliert haben. Ohne äußeren Zeitgeber wie Licht oder andere Hinweisreize betrug der Schlaf-Wach-Rhythmus einer Versuchsgruppe, welche in einem Bunker eingeschlossen war, 26 Stunden. Am 15. Tag sogar 33,4 Stunden. Gar keine Zeit fällt also schon mal weg.
Jetlag selbstgemacht?
Im Schlaf wechseln sich alle 90 Minuten Tiefschlaf- und REM-Schlafphasen ab. Viele leiden unter einem dauerhaften Jetlag, weil sie genau das nicht berücksichtigen. D.h. du gehst zu falschen Zeiten schlafen und stehst zu falschen Zeiten auf. Zu früh. Zu spät. In jedem Fall nicht so, wie dein Körper es braucht. Du lebst gegen die innere Uhr. Verstärkt wird das Ganze noch dadurch, dass viele Menschen den Großteil des Tages drinnen verbringen. Fernab von der natürlichen Lichtquelle. Was nun? Menschen, die im Nachtleben arbeiten, umschulen? Nacht-, Schichtarbeit abschaffen? Schulbeginn / Arbeitsbeginn auf 10 Uhr verlegen? Eher unrealistisch. Was du tun kannst, findest du weiter unten. Helligkeit bedeutet Aktivität, Dunkelheit Erholung! Aber nicht nur im Schlaf erreichen wir alle 90 Minuten ein Tief. Auch Tagsüber folgt unser Rhythmus diesen kleinen Zeitintervallen. Ursprünglich kommt diese Erkenntnis aus der Schlafforschung und geht auf Nathaniel Kleitmann zurück. Dieser entdeckte auch das so genannte BRAC-Prinzip – Basic Rest-Activity Cycle. Die Idee dahinter: Egal, ob wir schlafen oder wach sind, das menschliche Gehirn durchläuft immer die gleichen Konzentrationsphasen, die ca. 90 Minuten andauern. Danach kommt wieder eine „Rest-Phase“. Beim nächsten Vortrag, Meeting oder bei der nächsten Vorlesung beobachte dich selbst: wie lange dauert deine Konzentrationsphase? Ab wann beginnst du, am Handy zu spielen, die Minuten zu zählen, dich ablenken zu lassen?
Sommerzeit & Winterzeit
Alle Jahre wieder! Umstellung von Sommer- auf Winter- und von Winter- auf Sommerzeit.
Ursprünglich stammt diese Idee von Benjamin Franklin, Politiker und Tüftler in den USA (er erfand auch den Blitzableiter). Schon 1783 schlug er vor, im Sommer die Zeiger eine Stunde zurückzudrehen, um eine Stunde länger natürliches Tageslicht genießen zu können und – er war ein kluger Mann – Energie zu sparen. Dieser Vorschlag wurde durchaus angenommen, versuchsweise ausprobiert, wieder verworfen und konnte erst 1980 so richtig in die Praxis umgesetzt werden. Weitere 16 Jahre später, 1996, trat dann die MESZ (Mitteleuropäische Sommerzeit) in ganz Europa in Kraft.
Die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit findet am letzten Sonntag im März statt. Da werden die Uhren alljährlich von 02:00 Uhr nachts eine Stunde vor auf 03:00 Uhr nachts gestellt.
Die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit (Normalzeit) findet am letzten Sonntag im Oktober statt. Da werden die Uhren alljährlich von 03:00 Uhr nachts eine Stunde zurück auf 02:00 Uhr nachts gestellt. Welch Freude! Eine ganze Stunde länger schlafen, willkommen Winterzeit! (Mein Herz schlägt so oder so für den Winter).
Aber auch hier scheiden sich wieder die Geister. Die einen so, die anderen so.
Zum Glück passiert die Umstellung in unserer heutigen digitalisierten Welt wie von Geisterhand. Hier und da muss man noch Uhren auf die total nervige, altmodische Art vor- oder zurückstellen – per Hand. Unglaublich! 🙂 Aber wie merkt ihr euch das? Ich muss gestehen, ich habe mir das vom einen zum anderen Mal nicht gemerkt, bis mir meine Mom folgende Eselsbrücke mitgegeben hat:
Im Frühjahr stellt man die Gartenmöbel vor die Tür.
Im Herbst stellt man sie zurück in’s Haus (oder in die Garage oder wohin auch immer).
Noch mehr solcher Merksätze und Eselsbrücken, die ich beim Stöbern gefunden habe:
- Im Winter sind die Temperaturen im Minus Bereich, Im Sommer wieder im Plus Bereich
- Der Sommer ist Warm also etwas positives (Vorstellen)
Der Winter Kalt also negativ (Zurückstellen) - Im Sommer wird die Uhr vorgestellt
Im Wünter wird die Uhr zurückgestellt - Spring forward, fall back – im Frühling vor, im Herbst zurück
Der Wechsel von Sommer- auf Winterzeit
…dürfte den meisten nicht mal wirklich auffallen. Da passiert nichts Großartiges, außer dass du eine Stunde länger schlafen kannst. Dank der digitalen Welt stellt sich auch noch unser Wecker von ganz alleine um und damit war’s das. Ich als Nachteule finde das prima, ich genieße das in vollen Zügen. Bist du Frühaufsteher (Lärche) oder Langschläfer (Eule), so wie ich? Mehr zu Lärchen und Eulen und der Chronobiologie findest du hier (alles andere würde den Rahmen hier sprengen).
Frühaufsteher sind vielleicht eine Stunde früher wach, aber hey…eine Stunde mehr am Morgen für sich haben ist doch auch nichts Schlechtes, oder? Dieser Tag hat dann 25 statt 24 Stunden. Meine Tage haben generell nie genug Stunden, also ich freue mich darüber!
Der Wechsel von Winter- auf Sommerzeit
…sieht’s schon wieder etwas anders aus. Ich und mein Körper kommen damit zwar gut zurecht, ich find’s nur grundsätzlich blöd. Menschen mit sensiblerer innerer Uhr bringt diese Umstellung schon mal aus dem inneren Takt. Das kann sich u.a. durch Schlafstörungen, Schnupfen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Verdauungsprobleme, Appetitlosigkeit oder Gereiztheit äußern.
Was passiert in unserem Körper?
Deine innere Uhr lässt sich nicht so leicht täuschen. Wenn du morgens normalerweise um 06:00 Uhr aufstehst, ist es für deine innere Uhr erst 05:00 Uhr morgens. Die Ausschüttung des Melatonins hat sich noch nicht umgestellt. Blutdruck und Herzfrequenz sind noch im Dunkel-Rhythmus. Dir fehlt eine Stunde Schlaf. Du bist möglicherweise müde, unkonzentriert und fühlst dich k.o.
Es gibt auch einige Statistiken, die belegen, dass in diesen Zeitfenstern (beide Umstellungsformen) erhöhte Einnahmen von Antidepressiva und Schlafmitteln registriert wurde. Eine Umstellung, egal welcher Form, bedeutet erst mal immer Stress für den Körper und manchmal auch für die Psyche.
Etwas kritischer sehe ich das bei Säuglingen, Kindern, Kranken oder älteren Menschen, die reagieren vielleicht empfindlicher auf die Zeitumstellung und haben unter Umständen auch länger damit zu kämpfen.
Was du tun kannst, wenn dein biologischer Rhythmus aus dem Gleichgewicht gerät
- Bei Umstellung auf die Sommerzeit:
- Genieße einfach den Sommer und die langen Tage und Stunden voller Licht und Sonne
- Bei Umstellung auf die Winterzeit:
- Nutze die – im Vergleich zum Sommer – wenigen Sonnenstunden und geh spazieren oder setz dich (in der Mittagspause) in die Sonne und erledige deine To-Do’s, wenn möglich, später
- Nutze deine Freizeit und begib dich über die Wolken – auch wenn es im Tal nass, unfreundlich und nebelig scheint, Bergluft tut gut und gibt Energie (Skifahren, Schneeschuhwandern, Rodeln, …)
- Sport und Bewegung helfen (grundsätzlich immer)
- Achte auf gesunde Ernährung (grundsätzlich immer)
- Generell:
- Johanniskraut, Baldrian oder Melisse wirken beruhigend
- Spaziergänge an der frischen Luft
- Sonne tanken
- Dir und deinem Körper Zeit geben, sich an die neue Situation anzupassen
- Gesunder, ausreichender Schlaf
Fazit
Nicht allein der Wechsel von Hell und Dunkel kontrolliert den Rhythmus unseres Körpers. Auch externe Einflüsse tragen dazu bei. Jedoch ist ein anpassen unserer inneren Uhr an äußere Umstände möglich, es wird vermutlich nur ein wenig dauern und sich für jeden ein klein wenig anders anfühlen. Mini-Jetlags sind akzeptabel, gar keine Zeit ist eher nicht ratsam und Sommer- und Winterzeit…darüber wird es vermutlich auch in Zukunft immer wieder Diskussionen über Sinn und Unsinn geben. Ich betrachte die Zeitumstellung (egal welche) wie einen Mini-Jetlag. Mal ehrlich…wenn du einen drauf machst und eine wilde Party feierst (und ich hoffe, das machst du gelegentlich) fühlst du dich am nächsten Tag auch, als hätten dich mindestens drei LKWs in der Nacht überrollt. Du ziehst Bilanz und kommst (hoffentlich) zu dem Schluss, dass es sich gelohnt hat, den Tag danach zu leiden. Die einen kommen besser damit klar, die anderen weniger gut. Aber auf kurz oder lang passt sich deine innere Uhr, dein biologisches System der Umstellung an. Im Vergleich dazu sind z.B. Nacht- und Schichtarbeit oder (mehrere) Langstreckenflüge wesentlich anstrengender und haben einen größeren Einfluss auf den Biotakt und deine Gesundheit.
Ich bin Personal Fitness Trainerin, Groupfitnessinstructor, Skilehrerin, Bloggerin und liebe es, bewegt durchs Leben zu gehen. Ich bin neugierig, lerne gerne dazu und gebe mein Wissen und meine Erfahrung gerne weiter – genau das war auch der Startschuss für meinen Fitness Food & Lifestyle Blog. Schau dich hier ruhig in Ruhe um, berichte mir von deinen Erfahrungen, weis mich auf Fehlerteufel hin oder hinterlass mir gerne einen Kommentar.